Para-Schwimmen

Schnelles Wasser

Para-Schwimmen ist eine der ältesten Sportarten des Behindertensports. Seine Ursprünge hat das Schwimmen für Menschen mit Behinderung in der Physiotherapie und der Rehabilitation. Der Leistungssport hat in den letzten Jahrzehnten und vor allem den letzten Jahren eine enorme Eigendynamik und Entwicklung vollzogen. Bei den Paralympics gehören die Schwimmwettkämpfe neben den Ausscheidungen in der Leichtathletik zu den größten und beliebtesten Programmpunkten.

Schwimmsport hat speziell für Menschen mit Handicap einen hohen Stellenwert, da es die besonderen physikalischen Eigenschaften des Wassers den Sportlern unabhängig vom Grad der Behinderung ermöglichen, die Wettkämpfe ohne Prothesen oder andere technische Hilfsmittel zu bestreiten.

Beim Para-Schwimmen gelten grundsätzlich die selben Regeln wie beim Internationalen Schwimmverbandes (FINA). Einzig aufgrund von Einschränkungen durch die Behinderung sind im Regelwerk des Weltverbands World Para Swimming (WPS) Ausnahmen, sogenannte Exceptions, möglich. So haben Sportler z.B. beim Start die Möglichkeit, vom Beckenrand oder aus dem Wasser zu starten.

Logo World Para Swimming

Klassifizierung

In einem langwierigen Prozess seit den Anfängen des Behindertensports 1948 hat sich im Schwimmen der Behinderten ein System von Startklassen entwickelt. Startklassen dienen dazu den behindertungsbedingten Einschränkungen eines Sportlers Rechnung zu tragen. Es erfolgt dabei eine Unterteilung in körperliche, geistige und Sehbehinderungen. Im Schwimmen gibt es derzeit international 14 Startklassen.

Körperbehinderte

Als Richtschnur des „Funktionellen Klassifizierungssystems (FCS)“ dient eine numerische Berechnung der motorischen Fähigkeiten. Es wird unterschieden in Klassen für Freistil, Rücken und Schmetterling (S), Brust (SB) und Lagen (SM). Einem nichtbehindertem Schwimmer werden 300 Punkte zuerkannt.

S-Klassen: Freistil, Rücken, Schmetterling

Arme 130 Punkte
Beine 100 Punkte
Rumpf 50 Punkte
Start 10 Punkte
Wende 10 Punkte

SB-Klassen: Brustschwimmen

Arme 110 Punkte
Beine 120 Punkte
Rumpf 50 Punkte
Start 10 Punkte
Wende 10 Punkte

Die geringste Behinderung die zu einer Teilnahme berechtigt ist durch den Verlust von 15 Punkten gekennzeichnet. Abschließend erfolgt ein Praxistest im Wasser, welcher den wichtigeren Teil des Klassifizierungsverfahrens bildet.

Derzeit gibt es 10 Klassen (S und SM) für Freistil, Rücken Schmetterling und Lagen und 9 Klassen für das Brustschwimmen der Körperbehinderten. In den Startklassen S/SB/SM1 werden die Schwerstbehinderten und in S10/SB9/SM10 die am leichtesten Behinderten gewertet.

Sehbehinderung

Für Sehbehinderte existieren derzeit 3 Startklassen. Das minimale Handicap wird gegeben durch maximal 6/60 Sehvermögen mit der bestmöglichen Korrektur (Brille oder Kontaktlinse, etc.)

S11: blind bis Lichtempfindung ohne Formen erkennen zu können
S12: bis zu einem Sehvermögen von 2/60 oder einer Gesichtsfeldeinschränkung auf unter 5°
S13: bis zu einem Sehvermögen von 6/60 oder einer Gesichtsfeldeinschränkung auf unter 20°

Geistige Behinderung

Für Menschen mit geistiger Behinderung gibt es die Startklasse S14. Geistig behinderte Sportler dürfen in dieser Klasse starten wenn sie die Kriterien der Beurteilungskala erfüllen. Diese beinhalten zum Beispiel: die gutachterliche Bestätigung einer geistigen Behinderung oder den Bedarf der Hilfe und Unterstützung im alltäglichen Leben.

Allgemeinbehinderung

Alle Sportler die nicht die Mindeststandards für eines der Klassifizierungssysteme erfüllen, nehmen an den Wettkämpfen in der Klasse der Allgemeinbehinderten (AB) teil. Voraussetzung ist der Nachweis eines GdB von mindestens 20.

Wertung nach der 1000-Punktetabelle

Die Wertung von Wettkämpfen in Deutschland erfolgt zumeist nach der aktuellen 1000-Punktetabelle des Deutschen Behindertensportverbands, Abteilung Schwimmen. Es handelt sich dabei um ein Punktsystem, das die startklassenspezifischen Weltrekorde zugrunde legt und aus diesen die Punkte für eine geschwommene Leistung analog zur LEN-Formel berechnet. Bei Aktiven ohne Behinderung werden die FINA-Weltrekorde zugrunde gelegt. Durch diese Umrechnung der erschwommenen Leistung in Punkte, können nun die Schwimmer aller Startklassen miteinander verglichen werden.

Para-Schwimmen im BFV

Schwimmen für Menschen mit Behinderung hat eine lange Tradition in Chemnitz, so auch im BFV Ascota. Über die letzten Jahrzehnte konnte der Verein auf nationaler und internationaler Ebene 6 große Namen im Para-Schwimmen hervorbringen. Diese bewiesen ihr Können auf Deutschen Meisterschaften, Europa- und Weltmeisterschaften und auf den Paralympics.

ehemalige Spitzensportler des BFV: oben v.l.n.r.: Christiane Reppe, Maria Götze, Daniel Clausner unten, v.l.n.r.: Swen Michaelis, Uwe Barth, Andreas Hausmann

Mittlerweile haben diese 6 Ausnahmeathleten Ihre Badesachen aus beruflichen oder privaten Gründen an den Nagel gehangen. Swen Michalis hat in der Sportart Rollstuhl-Rugby ein neues Betätigungsfeld gefunden, steht dem BFV Ascota Chemnitz e.V. aber noch in Person des Kassenprüfers zur Seite. Christiane Reppe hat ebenso die Sportart gewechselt und darf sich seit 2015 Weltmeister im Handbike nennen. Daniel Clausner, Andreas Hausmann und Uwe Barth haben dem internationalen Parkett des Schwimmsports aus privaten Gründen Lebewohl gesagt. Maria Götze hat Medaillenfreuden gegen Mutterfreuden getauscht.

Die Bühne des Schwimmsports ist nun frei für die nächste Generation an Para-Schwimmern im BFV Ascota.

Aktive Leistungssportler

Nachdem die etablierten Athleten Platz gemacht haben, suchen neue junge Para-Sportler ihren Platz im Schwimmzirkus, auf nationalem und perspektivisch auf internationem Parkett. Folgende Para-Schwimmer finden sich derzeit im Kader des BFV Ascota. Alle werden derzeit von Claudia Barth trainiert.

Nico Clemens, geb. 28.02.2002, Azubi VFA
Startklasse: S8 / SB8 / SM8 (fehlende rechte Hand)

Bis zu seiner internationalen Klassifizierung bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften 2019 schwamm Nico in der für ihn passenderen Startklasse 8. Leider sahen die internationalen Klassifizierer seine behinderungsbedingten Defizite im rechten Arm als weniger schwerwiegend an und ließen ihn mit Beginn der Meisterschaften in der schwierigeren Startklasse 9, in der sich auch weniger behinderte Sportler befinden, antreten. Nachdem die Corona Pandemie seine internationalen Ambitionen jäh ausgebremst hatte, wandte sich Nico seine Ausbildung mit anschließendem Studium zu und schwimmt nun noch im nationalen Bereich. Hier wurde er zuletzt in einer erneuten Klassifizierung wieder der Startklasse 8 zugeordnet.

Nico Clemens

Erfolge:
→ mehrmaliger Sachsenmeister, Deutscher Kurzbahn- und Deutscher Meister
→ seit November 2019 im NK2-Kader der Bundestrainerin
→ Nico hält den Deutschen Rekord über 50m Schmetterling der Startklasse S8 auf der Kurzbahn
→ Ehrung als Jugendsportler im Jahr 2017 durch den Stadtsportbund Chemnitz e.V.

Silvio Walther, geb. 01.04.1999, Azubi
Startklasse: AB (Behinderung in den Bewegungsabläufen)

Johnny Graf, geb. 17.12.1997
Startklasse: AB (Lernbehinderung)

Leistungssportler a. D.

Natürlich wollen wir aber auch unsere Para-Schwimmer „außer Dienst“ mit ihren Erfolgen kurz vorstellen.

Swen Michaelis, geb. 31.03.1981, Finanzbeamter
Startklasse: S6 / SB6 / SM6

Spitzensportler Swen MichalisSpitzensportler Swen Michalis

Heimtrainer: bis 2007 Gunter Thiele, zuletzt Eric Werner (Paralympischer Trainingsstützpunkt Leipzig)

Erfolge:
→ Swen errang bereits den Europarekord über 100m Rücken und 200m Freistil und mehrere Deutsche Rekorde in seiner Startklasse.
→ EM 1997: 1xGold, 1xSilber
→ EM 1999: 1xGold, 1xBronze
→ EM 2001: 1xGold, 2x Bronze, 1×4. und 1×6.Platz
→ WM 1998: 1xGold, 2xBronze
→ WM 2006 Durban Südafrika: 1xBronze, 2×5. und 1×6.Platz
→ Paralympics 2000: 1xSilber, je 1×4., 6., 7. und 8.Platz
→ Paralympics 2004 Athen: 1x Bronze, 1×4., 1×5., 1×7. und 1×12.Platz
→ Paralympics 2008 Peking, mehrere vordere Finalplätze
→ Paralympics 2012 London, mehrere vordere Finalplätze (1×6., 2×8. Platz)

Maria Götze, geb. 24.12.1980, Angestellte
Startklasse: S6 / SB6 / SM6

Spitzensportlerin Maria GötzeSpitzensportlerin Maria Götze

Heimtrainer: Ute Schinkitz

Erfolge:
→ Maria errang den Weltrekord über 100m Schmetterling und 200m Freistil und mehrere Deutsche Rekorde in ihrer Startklasse
→ EM 1995: 3xSilber, 4xBronze
→ EM 1997: 1xGold, 4xSilber, 4xBronze
→ EM 1999: 2xGold, 4xSilber
→ EM 2001: 3xGold, 3xSilber, 2xBronze und 1×4.Platz
→ WM 1998: 2xSilber, 1xBronze
→ WM 2002 Argentinien: 2xGold, 3xSilber, 4xBronze …
→ WM 2006 Durban Südafrika: 1x Bronze, 1×4. 3×5. 1×6. und 1×8.Platz
→ Paralympics 1996 Atlanta: 1xGold, 1xSilber
→ Paralympics 2000: 1xSilber, 2xBronze, 2×4.Platz, 6.,8.,10.Platz
→ Paralympics 2004 Athen: 1x Bronze, 2×4., 1×8., 1×9. und 1×11.Platz
→ Paralympics 2008 Peking: 1x Silber, 1x Bronze

Daniel Clausner, geb. 04.01.1985, Jurist
Startklasse: S13 (starke Sehbehinderung)

Spitzesportler Daniel ClausnerSpitzesportler Daniel Clausner

Heimtrainer im BFV: Gunter Thiele

Erfolge (seit Zugehörigkeit zum BFV Ascota Chemnitz e.V. 2002):
→ Britisch Open 2005 Sheffield: 4x Gold, 1x Silber
→ IBSA-Weltmeisterschaft 2003: 3x Gold, 3x Silber, 1x Bronze
→ WM 2002 Argentinien: 2xBronze, 1×4.Platz, 1×6.Platz …
→ Paralympics 2000 Sydney
→ Paralympics 2004 Athen: 2x Gold, 1x Bronze, 2×4. und 1×5.Platz
→ Paralympics 2008 Peking: 2x Bronze

Uwe Barth, geb. 22.05.1980, Diplom-Informatiker
Startklasse: S4 / SB3 / SM4

Spitzensportler Uwe BarthSpitzensportler Uwe Barth

Heimtrainer: Thomas Wieland/Ralf Hirche, später Gunter Thiele

Erfolge:
→ Uwe hält den Deutschen Rekord über 200m Freistil in seiner Startklasse.
→ DDO 2006 Deventer/NL: 6x 1.Platz
→ Deutsche Kurzbahn-Meisterschaft 2002: 1xSilber, …
→ Deutsche Kurzbahnmeisterschaft 2003: 1x Silber
→ EM 1999: 3×4.Platz, 1×6.Platz
→ Paralympics 2000: 2×6.Platz, 1×11.Platz, 1×12.Platz

Andreas Hausmann, geb. 02.05.1975, Masseur
Startklasse: S11 (blind)

Spitzensportler Andreas HausmannSpitzensportler Andreas Hausmann

Heimtrainer: Gunter Thiele

Erfolge (seit Zugehörigkeit zum BFV Ascota Chemnitz e.V.):
→ EM 2001: 3xSilber und 1×4.Platz
→ WM 2002 Argentinien: 8.Platz …
→ WM 2006 Durban Südafrika: 1×4. 1×6. 1×9. und 1×10.Platz
→ IBSA-Weltmeisterschaft 2003: 1x Bronze, 4x Platz 4
→ Paralympics 2000 Sydney
→ Paralympics 2004 Athen: 1×7., 1×10. und 1×14.Platz

Christiane Reppe, geb. 21.08.1987, Studentin
Startklasse: S9 / SB8 / SM9

Spitzensportlerin Christiane ReppeSpitzensportlerin Christiane Reppe

Heimtrainer BFV: Dirk Oehme
Erfolge:
→ Canadian Open 2003: 1x Gold, 2x Silber, 3x Bronze, 1x Platz 4
→ Britisch Open 2005 Sheffield: 1x Gold, 1x Silber, 1x Bronze
→ WM 2002 Argentinien: 2xBronze, 3×4.Platz …
→ WM 2006 Durban Südafrika: 1x Bronze, 1×4. 1×5. 2×7.Platz
→ Paralympics 2004 Athen: 2x Bronze, 1×6. und 1×13.Platz

Gunter Thiele, geb. 28.05.1964, Dipl.-Ing/Dipl.-VW-Wirt/Dipl.-Soz-Päd
Startklasse: S8/SB6/SM7

Spitzensportler Gunter Thiele

Heimtrainer: n/a

Erfolge:
→ unzählige DDR und Deutsche Meister
→ WM 1990 Niederlande: Vizeweltmeister 100m Rücken
→ EM 1991 Barcelona: Bronze 100m Rücken
→ Paralympics 1992 Barcelona: 4. Platz (4x50m Lagen)